Zurück zum Heimchen am Herd – Kein Rollback im Feminismus

18. April 2022

»Das bisschen Haushalt macht sich von allein sagt mein Mann“ hieß es in einem Schlager aus den 1970er Jahren. Und wie es aussieht, ist diese Vorstellung immer noch in den Köpfen der Leute verankert. Auch heute noch macht vor allem die Frau in einer Partnerschaft die Hausarbeit, wie eine Umfrage ergab. Das hat die Pandemie noch verstärkt.
Bereits vor der Pandemie ließ sich erkennen, dass im Bereich Feminismus und im LGBTI-Bereich zunehmend der Rückwärtsgang eingelegt wurde. Sei es in Ungarn, Polen oder Brasilien. Die antifeministische Rhetorik wird wieder immer mehr zur Normalität und das ist nicht gut. Hier in Deutschland weigert sich die Regierung immer noch den Paragraph 219a, dass Ärzt:innen verbietet für Leistungen im Bereich Schwangerschaftsabbrüche Werbung zu machen, abzuschaffen. Aber auf der anderen Seite formierte sich immer mehr Widerstand und Themen wie Gewalt gegen Frauen und Missbrauch rückten in den Fokus der Öffentlichkeit. Nicht zuletzt wegen eines jetzt ehemaligen US-Präsidenten, der es nicht schlimm findet, einer Frau ungefragt in den Schritt zu fassen. Durch die Me-Too-Bewegung erreichte es schließlich auch Hollywood.

Pandemie und Care-Arbeit

Und dann kam Corona bzw. COVID-19. Frauen gingen wie selbstverständlich ins Häusliche. Während die Männer noch einige Zeit weiter ins Büro fuhren, blieben die Frauen bei den Kindern im Home-Office und Homeschooling. Obwohl Frauen und Männer ähnlich oft von Kurzarbeit betroffen sind in der Krise, bleiben vorwiegend die Frauen ganz zu Hause, um sich um die Kinder zu kümmern. Es wird fast immer noch von der Gesellschaft so erwartet. Also haben die Frauen ihren gesamten Urlaub bereits zu Beginn für das Jahr 2020 genommen oder ließen sich freistellen. Haus, Herd und Kinder sind eben auch im 21. Jahrhundert noch oft allein Frauensache. Doch genau diese Fürsorgearbeit wird ökonomisch nicht wahrgenommen, weil sie keinen unmittelbaren monetären Gewinn machen. Dabei würde sie, wenn sie bezahlt werden würde, 40 Prozent des Bruttoinlandproduktes ausmachen.

Alleinerziehenden wurde es fast vollständig unmöglich gemacht, ihrer Arbeit außerhalb nachzugehen, nachdem Kitas und Schulen geschlossen wurden. Aber sie wurden damit von der Politik allein gelassen. Menschen, die Kinder in die Welt setzen, müssen sich halt in jeder Lebenslage auch selbst darum kümmern. So das Credo. Was nichts anderes heißt als: Selbst schuld. Viele Frauen, die den Spagat zwischen zusätzlichen häuslichen Aufgaben und Erwerbsarbeit nicht mehr schaffen, geben gerade sehr oft ihren Beruf ganz auf. Was direkte und langfristige ökonomische Konsequenzen hat. Der Familie fehlt Geld in der Familienkasse und die Frauen erhalten später nur eine sehr geringe Rente. Die UN geht davon aus, dass die Lohnlücke zwischen Frauen und Männer nach der Pandemie sogar wieder zunehmen wird. Zudem arbeiten viele Frauen in Minijobs oder anderen prekären Arbeitsverhältnissen und sind daher in der Krise nicht abgesichert. Trotzdem fließen die Coronahilfen hauptsächlich in die Industrie, in der hauptsächlich Männer arbeiten.
»Manchmal haben Frauen ein kleines bisschen Haue gern«

Für sehr, sehr viele Frauen wurden gerade die eigenen vier Wände vermehrt zum Risiko, als sie nicht mehr vor ihren gewalttätigen Männern fliehen konnten. Als sie der Wut, Angst und dem Frust ihrer Partner schutzlos ausgesetzt waren. Für die Gesellschaft sind geschlechterpolitische Themen in der Krise nicht mehr systemrelevant. Doch das sollten sie immer sein. Wir müssen die systematische Ungerechtigkeit zwischen den Geschlechtern abbauen und es muss sichergestellt werden, dass die eingesetzten Steuermittel auch gleichermaßen bei Frauen und Männern ankommt, damit die gesamte Gesellschaft etwas davon hat. Die Fürsorgearbeit muss endlich einen Wert bekommen und wenigstens im Alter bei der Rente entsprechend berücksichtigt werden, denn sie ist für unseren Wohlstand und unsere Wirtschaft existenziell. Die Arbeitsleistung der Frauen bildet schon immer das Rückgrat der Gesellschaft und es wird Zeit, das endlich gebührend anzuerkennen. (AH)